Zum 01.01.2023 hat sich das Betreuungsrecht geändert. Die gesetzlichen Regelungen wurden inhaltlich überarbeitet und modernisiert und an neuen Stellen im Gesetz platziert.
Bereits nach altem Recht galt, dass Ehegatten untereinander grundsätzlich nicht gesetzlich ver-tretungsberechtigt sind. War ein Ehegatte nicht mehr in der Lage, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, etwa durch Unfall, Krankheit oder Ähnliches, bedurfte es eines förmlichen Betreuungsverfahrens vor dem zuständigen Betreuungsgericht, damit etwa ein Ehegatte zum Betreuer bestellt wird und somit Entscheidungen für den anderen Ehegatten treffen konnte. Es erfolgte hierbei eine umfangreiche Prüfung durch das Betreuungsgericht, verbunden mit Anhörungen der Beteiligten, Einholung von Sachverständigengutachten unter Bestellung von Verfahrensbevollmächtigten, also einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin, für den zu Betreuenden im Betreuungsverfahren.
Die neue Regelung des Betreuungsrechts seit dem 01.01.2023 hat nunmehr dazu geführt, dass Ehegatten nun ein gesetzliches Vertretungsrecht haben, wenn auch nur in ärztlichen Angelegenheiten und zeitlich begrenzt auf die Dauer von sechs Monaten. Dabei ist gesetzlich vorgesehen, dass dieses gesetzliche Vertretungsrecht nicht bestehen soll, wenn Ehegatten voneinander getrennt leben oder etwa das Scheidungsverfahren läuft.
Ob Ehegatten voneinander getrennt leben oder ob zwischen ihnen das Ehescheidungsverfahren läuft, soll nunmehr nicht mehr im Rahmen des Gerichtsverfahrens, sondern durch den behandelnden Arzt berücksichtigt werden. Dies hat zu einem Aufschrei in der Ärzteschaft geführt, nachdem dort festgestellt wurde, dass einem Arzt derartige Feststellungen sicherlich nicht möglich oder auch zumutbar sind.
All dies könnte nunmehr dazu führen, dass ein getrenntlebender Ehegatte aufgrund des nun be-stehenden gesetzlichen Vertretungsrechts in der Lage ist, über ärztliche und medizinische Ange-legenheiten des anderen getrenntlebenden Ehegatten zu entscheiden, wenn dieser nicht mehr in der Lage ist, sich zu äußern, beispielsweise im Fall des Komas.
Eine Lösung bietet hierbei die Errichtung einer Vorsorgevollmacht. Besteht eine Vorsorgevollmacht, hat diese grundsätzlich Vorrang, und zwar nicht nur gegenüber einer gerichtlich angeordneten Betreuung, als auch gegenüber dem gesetzlichen Vertretungsrecht von Ehegatten. Dabei erhält die Ärzteschaft aufgrund des neuen Betreuungsrechts auch die Möglichkeit, das zentrale Vorsorgeregister bei der Bundesnotarkammer einzusehen, um festzustellen, ob eine solche Vorsorgevollmacht existiert. Besteht eine Vorsorgevollmacht, wird sich der behandelnde Arzt an dieser orientieren.
Für die Praxis ist somit zu empfehlen, dass insbesondere für den Fall, dass sich Eheleute trennen und scheiden lassen, nicht nur Vorsorgevollmachten widerrufen werden, welche sich die Eheleute zuvor erteilt haben, sondern dass auch aktiv eine neue Vorsorgevollmacht errichtet wird, in der eine andere Person als der getrenntlebende Ehegatte zum Bevollmächtigten ernannt wird. Hierdurch dürfte sichergestellt werden, dass nicht ein gesetzliches Vertretungsrecht von Ehegatten zu unerwünschten Ergebnissen führt.