Ein Erbe auszuschlagen kann sinnvoll sein, um sein Vermögen vor Schulden oder Verpflichtungen zu schützen.
In manchen Fällen kann jedoch wirtschaftlich günstiger sein, eine Erbschaft in taktischer Hinsicht auszuschlagen, um Vermögen innerhalb der Familie steueroptimiert zu verteilen, hier also als Gestaltungsvariante im Rahmen der Vermögensnachfolge.
Ist ein Pflichtteilsberechtigter Erbe, ist sein Erbteil jedoch beschränkt und belastet, etwa durch Vermächtnisse, eine Testamentsvollstreckung oder durch eine Vor- und Nacherfolge, kann der Pflichtteilsberechtigte das Erbe taktisch ausschlagen, um sodann den nicht belasteten Pflichtteil zu erhalten, § 2306 BGB.
Ebenso können im gesetzlichen Güterstand lebende Ehegatten vorgehen. Sie können das Erbe ausschlagen, um stattdessen von der Erbschaftsteuer befreite Zugewinnausgleichsansprüche sowie den Pflichtteil geltend zu machen, § 1371 BGB.
2. Die Ausschlagung des Ehegatten bei Zugewinngemeinschaft – der steuerfreie Zugewinnausgleich, Absicherung der nächsten Generation, steuerliche Vorteile
Für Witwen und Witwer kann es gerade bei großen Vermögen äußerst vorteilhaft sein, die Erbschaft nach seinem Ehegatten auszuschlagen, wenn der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft bestand und der Verstorbene während der Ehe das Vermögen erwirtschaftet hat. In diesem Fall darf der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlagen, dennoch den Pflichtteil gegenüber dem Erben geltend machen und den Ausgleich des ehelichen Zugewinns verlangen. Der Zugewinnausgleich kann dabei entweder pauschal oder konkret wie in einem Ehescheidungsverfahren berechnet werden. Gesetzliche Grundlage ist § 1371 BGB.
Der eheliche Zugewinn unterliegt nicht der Erbschaftsteuer, § 5 Erbschaftsteuergesetz. Somit können auch sehr hohe Vermögenswerte steuerfrei übertragen werden. Nur der Pflichtteil, den der überlebende Ehegatte zusätzlich geltend machen kann, unterliegt der Erbschaftsteuer, wobei dem Ehegatten ein Steuerfreibetrag von 500.000,00 € zur Verfügung steht.
Das Erbe geht im übrigen auf den sich sodann nach Ausschlagung ergebenden Erben über, und zwar wertmäßig vermindert um die Zugewinnausgleichsforderung und den Pflichtteilsbetrag, regelmäßig auf Kinder oder Enkelkinder. So können deren Erbschaftsteuerfreibeträge ebenfalls genutzt werden. Vermögen wird bereits in der Familie verteilt. Es wird vermieden, dass der überlebende Ehegatte durch den Erbfall einseitig hohes Vermögen erhält, welches spätestens für den Fall seines Todes mit einer hohen Erbschaftssteuer belastet wird, wenn die Erbschaftsteuerfreibeträge seiner Erben nicht ausreichen.
3. Die taktische Ausschlagung des belasteten Pflichtteilsberechtigten
Durch das Pflichtteilsrecht wird durch den Gesetzgeber gewährleistet, dass den engsten Verwandten – Kindern, Eltern und Ehegatten – eine Mindestbeteiligung am Nachlass bleibt.
Wird ein Pflichtteilsberechtigter zum Erben eingesetzt, alleine oder mit mehreren Miterben, sein Erbrecht jedoch durch die Anordnung von Vermächtnissen, Vor- und Nacherbfolge oder durch eine Testamentsvollstreckung belastet und so praktisch vermindert oder gar ausgehöhlt, hat der Pflichtteilsberechtigte die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen und stattdessen den Pflichtteil geltend zu machen, § 2306 BGB. Er erhält somit den Pflichtteil entsprechend seiner Pflichtteilsquote und somit einen Geldbetrag, ohne durch erbrechtliche Pflichten belastet zu sein.