I. Vorbemerkung, Begriff des Erbbaurechts
1. Was ist ein Erbbaurecht?
Aus dem Rechtsbegriff »Erbbaurecht« (fälschlich oft auch als »Erbpacht« bezeichnet) ergibt sich nicht ohne Weiteres, was sich tatsächlich dahinter verbirgt. Nach der Regelung des Gesetzes ist ein Erbbaurecht (vereinfacht ausgedrückt) das Recht, auf einem (fremden) Grundstück ein Bauwerk zu haben. Eigentum am Grundstück und Eigentum am Bauwerk (z.B. Wohngebäude und Garage) fallen also auseinander. Dies gilt auch, wenn das Erbbaurecht bezogen auf ein bereits errichtetes Gebäude bestellt wird. Damit wird von dem Grundsatz des deutschen Rechts, dass dem Eigentümer von Grund und Boden stets auch all das gehört, was auf seinem Grund gebaut ist – die sog. wesentlichen Bestandteile –, abgewichen.
Das Verständnis für die Rechtsnatur des Erbbaurechts wird wesentlich erleichtert, wenn man sich das Erbbaurecht als eigenes Grundstück vorstellt, das gewissermaßen über dem eigentlichen Grundstück »schwebt«. Das Erbbaurecht ist ein künstliches Grundstück. Auf diesem fiktiven Grundstück als Grundlage steht das Gebäude des Eigentümers des Erbbaurechts.
Im Kern kann der Erbbauberechtigte (Erbbaurechtsnehmer) – von gewissen Einschränkungen abgesehen – mit seinem künstlichen Grundstück (samt Gebäude, das dessen Bestandteil bildet) für die gesamte Dauer des Erbbaurechts ebenso verfahren wie ein (normaler) Grundstückseigentümer. Insbes. kann das Erbbaurecht belastet werden, es kann verkauft und vererbt werden.
Selbstverständlich ermöglicht es das Gesetz (das sog. Erbbaurechtsgesetz [ErbbauRG], früher unzutreffend »Erbbaurechtsverordnung« genannt), im Erbbaurechtsvertrag einige – nachfolgend dargestellte – Bindungen und Beschränkungen vorzusehen, welche die besondere Situation des »unter dem Erbbaurecht liegenden« Grundstückseigentümers berücksichtigen. Von diesen Beschränkungen wird im Interesse eines gerechten Ausgleichs der wechselseitigen Risiken in aller Regel umfassend Gebrauch gemacht (hierzu im Einzelnen unter Gliederungspunkt III. 2).
2. Ende des Erbbaurechts
Das Erbbaurecht ist ein Recht auf Zeit. Ist die Zeit, für die das Erbbaurecht eingeräumt wurde, abgelaufen, »löst sich« das künstliche Grundstück »auf« und das bislang auf dem Erbbaurecht über dem eigentlichen Grundstück »schwebende« Gebäude »fällt« gewissermaßen auf das Grundstück »herab« und damit in das Eigentum des Grundstückseigentümers. Der frühere Erbbauberechtigte ist für diesen Verlust nach Maßgabe der vertraglichen Regelungen ggf. zu entschädigen (bei Wohngebäuden mindestens i.H.v. 2/3 des Verkehrswerts).
3. Gesetzgeberische Verbesserungen beim Erbbaurecht
Einige »technische Schwierigkeiten«, die mit dem Erbbaurecht bisher verbunden waren, konnten durch mehrere Gesetzesänderungen seit Herbst 1994 ausgeräumt werden. Insbes. ist es nunmehr möglich, Anpassungen der Höhe des Erbbauzinses, die etwa aufgrund der Inflation veranlasst sind, bereits von vornherein, also ab Erbbaurechtsbegründung zwischen den Vertragsteilen mit »automatischer Wirkung« auch hinsichtlich der Grundbucheintragung zu vereinbaren. Das Ihnen vielleicht noch bekannte (recht komplizierte) Verfahren zur Anpassung von Erbbauzinsen aus älteren Erbbaurechtsverträgen, das jeweils eine Änderung im Grundbuch und neuerliche notarielle Urkunde erforderlich machte, ist damit überflüssig geworden, der Erbbauzins wird »dynamisch« ausgestaltet.
Auch für das Verhältnis zwischen Grundstückseigentümer und Grundpfandrechtsgläubigern (Finanzierungsbanken) des Erbbauberechtigten hat das neue Recht Erleichterungen gebracht. Der Erbbauzins kann nunmehr »vollstreckungsfest« gestaltet werden, sodass im Falle einer Zwangsvollstreckung dem Anspruch des Eigentümers auf in Zukunft fällig werdende Erbbauzinsen sogar dann keine Gefahr droht, wenn den Pfandrechten der Finanzierungsbank des Erbbauberechtigten im Grundbuch der Vorrang vor dem Erbbauzins eingeräumt wurde. Nur bei Vorliegen eines solchen »modernen« Erbbauzinses kann allerdings der Grundstückseigentümer gefahrlos hinter ein vom Erbbaunehmer bestelltes Grundpfandrecht zurücktreten (nach bisherigem Recht hätte ihm sonst die Gefahr gedroht, dass sein Erbbauzins bei Versteigerung aus der vorrangigen Grundschuld entschädigungslos untergeht!).
Andererseits verzichtet der Grundstückseigentümer in diesem Fall der »vollstreckungsfesten Reallast« auf die bisher bestehende Möglichkeit, anlässlich einer Versteigerung in das Erbbaurecht wegen rückständiger Erbbauzinsen auch die künftig noch fällig werdenden Zinsen zu »kapitalisieren«, sodass die nachrangig eingetragene Bank des Erbbauberechtigten (die ihm z.B. das Darlehen zum Hausbau gewährt hat) nicht zu befürchten hat, dass der Grundstückseigentümer den überwiegenden Versteigerungserlös auf seine kapitalisierten künftigen Erbbauzinsen erhält, sodass das Kreditinstitut weitgehend leer ausgehen würde.
Auch bestehende Erbbaurechte »alter Fassung« können durch Notarurkunde und Grundbuchvermerk auf die neue Rechtslage umgestellt werden; wir beraten Sie hierzu gerne.
II. Interessenlage
1. Position des Erbbaurechtsnehmers
Das Erbbaurecht verschafft dem Erbbauberechtigten Eigentum am Bauwerk auf Zeit und eine dem Grundstückseigentümer wirtschaftlich und rechtlich angenäherte Stellung. Die zeitliche Beschränkung des Erbbaurechts und damit die Tatsache, dass das Eigentum am Bauwerk nach Ende der Laufzeit (allerdings in der Regel gegen zumindest teilweise Entschädigung) verloren geht, ist für den Erbbauberechtigten selbst oft nicht problematisch. Die im Regelfall lange Dauer (99 Jahre) ermöglicht einerseits eine Planung, die durchaus bis in die übernächste Generation reichen kann, andererseits sind die Befugnisse des Erbbauberechtigten ähnlich denen eines Eigentümers nahezu unbeschränktund ermöglichen auch die Verwirklichung eigener Ideen.
Der Hauptvorteil für den Erwerber eines Erbbaurechts liegt darin, dass er nicht, wie bei einem Grundstückskauf, sofort den gesamten Kaufpreis für das Grundstück bezahlen muss. Vielmehr bezahlt er für die Befugnis, das Grundstück umfassend nutzen zu können, einen – meist jährlichen – Erbbauzins. Ist der Erbbauzins nicht zu hoch bemessen, wird der Bau eines Eigenheims gerade bei allgemein hohen Preisen für Bauland finanziell wesentlich erleichtert und damit der ursprüngliche Hauptzweck des Erbbaurechts verwirklicht, auch Bevölkerungsschichten, deren finanzielle Kapazitäten beschränkt sind, den Eigenheimbau zu ermöglichen.
Erlaubt die Marktsituation dem Bauwilligen sowohl den Erwerb eines Erbbaurechts wie auch den Erwerb eines Baugrundstücks, wird regelmäßig abzuwägen sein, ob die mit dem Grundstückserwerb verbundene finanzielle Mehrbelastung die Tatsache, dass im Ergebnis kein dauerhaft eigener Grundbesitz erworben wird, aufwiegt. Gegenüberzustellen sind einerseits die langfristige finanzielle Belastung durch den meist wertgesicherten Erbbauzins, andererseits die bei einem finanzierten Grundstückserwerb entstehende – gleichfalls langfristige – Belastung durch Verzinsung und Rückzahlung der aufgenommenen Darlehensverbindlichkeiten. Gerade in Zeiten niedrigen Zinsniveaus mag hier im Einzelfall die Entscheidung zugunsten des (endgültig) eigenen Grundstücks ausfallen.
2. Position des Grundstückseigentümers
Umgekehrt stellt sich aufseiten des Grundstückseigentümers die Frage, ob er ein (Bau-) Grundstück verkaufen oder ein Erbbaurecht bestellen soll. Wählt der Eigentümer den Verkauf, steht ihm der erzielte Erlös sofort zur Verfügung und kann gegebenenfalls unmittelbar für Investitionen verwendet werden. Bei der Bestellung eines Erbbaurechts erhält der Eigentümer auf die gesamte Laufzeit des Erbbaurechts den (pachtähnlichen) Erbbauzins und ihm bzw. seiner Familie bleibt die Substanz von Grund und Boden erhalten. Zusätzlich fällt dem Eigentümer bzw. dessen Rechtsnachfolgern nach Ablauf des Erbbaurechts auch das Eigentum am Gebäude (abzüglich einer etwa zu entrichtenden Entschädigung) gewissermaßen als »späte Frucht« zu. Auch die Wertsteigerung des Grund und Bodens an sich verbleibt beim Grundstückseigentümer. Diese Kombination aus Sachwerterhaltung und laufenden Einnahmen machen das Erbbaurecht insb. für Private interessant.
Geben die Städte und Gemeinden oder Kirchen Erbbaurechte aus, stehen in der Regel andere Vorzüge des Erbbaurechts im Vordergrund. Die Gemeinden sind zum Zwecke der Schaffung einer ausgewogenen Bevölkerungsstruktur daran interessiert, insb. jungen Familien mit Kindern und geringem Eigenkapital den Bau eines Eigenheims erschwinglich zu machen. Kirchen wiederum ist nach kanonischem Recht die Veräußerung von Grundbesitz häufig nicht gestattet. Das Erbbaurecht bietet dann eine nahezu ideale Möglichkeit, die sozialen Zielsetzungen der Kirche zu verwirklichen und doch Eigentümer des Grundbesitzes zu bleiben.
3. Steuerfragen
Ausschlaggebend dafür, ob eine Veräußerung von Grund und Boden oder die Bestellung eines Erbbaurechts gewählt wird, ist oftmals auch die steuerliche Situation. Die Besteuerung bei Einräumung eines Erbbaurechts, insb. die Unterschiede zum Verkauf des Grundstücks, seien daher hier kurz dargestellt; regelmäßig sollte zu Einzelfragen ein Steuerberater konsultiert werden.
Sowohl der Erwerb eines Grundstücks wie auch der Erwerb eines Erbbaurechts unterliegen der Grunderwerbsteuer (derzeit 3,5 % bis 6,5 %, je nach Bundesland). Die Höhe der Grunderwerbsteuer bemisst sich jeweils aus der Gegenleistung. Beim Grundstückskauf ist dies in der Regel der Kaufpreis; bei Bestellung eines Erbbaurechts ist es der Kapitalwert des Erbbauzinses (ab 52 Jahren Laufzeit der maximale, 18,6-fache Jahreswert) sowie eine sonstige für die Bestellung des Erbbaurechts geleistete Gegenleistung (z.B. Kaufpreis).
Beispiel:
Bei einem Erbbaurecht auf 99 Jahre und einem anfänglichen Jahreserbbauzins von 2.000,00 Euro ergibt sich also bei einem Grunderwerbsteuersatz von 3,5 % eine Steuerbelastung von 1.260,00 Euro.
Als Umsatz, der unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt, ist die Erbbaurechtsbestellung von der Umsatzsteuer befreit. Wird der Erbbauberechtigte (Unternehmer) das zu errichtende Gebäude allerdings mindestens zehn Jahre für umsatzsteuerpflichtige Vorgänge nutzen (z.B. Einzelhandelsgeschäft oder gewerbliche Vermietung mit Umsatzsteuerausweis, nicht aber z.B. Betrieb einer Arztpraxis), kann es sich unter Umständen empfehlen, den Erbbaurechtsausgeber zu veranlassen, gleichwohl zusätzlich für die Umsatzsteuer zu optieren und damit zu erreichen, dass der Erbbauberechtigte den Umsatzsteueranteil etwa der künftigen Baukosten als Vorsteuer abziehen kann.
Hinsichtlich der einkommensteuerlichen Behandlung des Erbbaurechts beim Grundstückseigentümer ist zunächst hervorzuheben, dass die Bestellung eines Erbbaurechts als solche nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte für sich genommen keine Entnahme (des Grundstücks bzw. der Grundstücksteilfläche) aus einem Betriebsvermögen darstellt. Im Einzelfall kann daher durch »Zwischenschieben« eines Erbbaurechts erreicht werden, dass ein Gebäude, das an sich auf betrieblichem Grund und Boden erstellt wird, von Anfang an Privatvermögen wird und damit der Wertzuwachs am Bauwerk steuerfrei ist, während die stillen Reserven des weiter im Betriebsvermögen verbleibenden Grundstücks nicht steuerpflichtig aufgedeckt werden müssen.
Beim Erbbauzins handelt es sich auf Seiten des Grundstückseigentümers, wenn das Erbbaugrundstück zum Betriebsvermögen gehört, grds. um betriebliche Einnahmen; gehört das Grundstück zu seinem Privatvermögen, liegen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung vor.
Aufwendungen für den privaten Erwerb des Erbbaurechts (z.B. Beurkundungs-, Grundbuch- oder Vermessungskosten) sind Anschaffungskosten, die im Wege der Gebäude-AfA steuerlich geltend gemacht werden können, wenn das Erbbaugebäude vermietet wird. Die Erbbauzinsen stellen dann Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar. Im Betriebsvermögen des Erbbauberechtigten sind Erbbauzinsen als Betriebsausgaben abzusetzen.
Das Erbbaurecht unterliegt weiter auch der durch die Gemeinde zu erhebenden Grundsteuer.
Bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer wurde bis Ende 2008 der Gesamtwert des bebauten Grundstücks ermittelt und in einem zweiten Schritt auf das belastete Grundstück und das Erbbaurecht aufgeteilt wurde. Seit 2009 sehen § 193 BewG (für das Erbbaurecht) und § 194 BewG (für das Erbbaugrundstück) nunmehr jeweils eine getrennte Ermittlung vor, die im Wesentlichen die Grundsätze der Wertermittlungsrichtlinen 2006 (Tz. 4.3.2 für das Erbbaurecht, 4.3.3 für das Erbbaugrundstück) übernehmen. Bei der Bewertung des Erbbaurechtes wird auch berücksichtigt der Vor- oder Nachteil, der durch einen »zu niedrigen« oder »zu hohen« Erbbauzins vermittelt wird. Als »angemessene« Liegenschaftszins wird übrigens gem. § 193 Abs. 4 BewG zugrundegelegt: 3 % für 1- und 2-Familien-Häuser, 5 % für Mietwohngrundstücke und sonstiges Wohnungseigentum, 5,5 % für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil (nach Wohn-Nutzfläche) bis zu 50 % und sonstige bebaute Grundstücke, 6 % für gemischt genutzte Grundstücke mit gewerblichem Anteil über 50 % und 6,5 % für Geschäftsgrundstücke und Teileigentum.
III. Erbbaurechtsvertrag
1. Allgemeines, notarielle Beurkundung
Da das Erbbaurecht die Rechtsnatur eines »künstlichen Grundstücks« hat, sind auch die für Grundstücke geltenden Rechtsvorschriften in weitem Umfang auf das Erbbaurecht anwendbar; Einzelfragen sind im bereits zitierten Erbbaurechtsgesetz geregelt. Der Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechts muss zu notarieller Urkunde geschlossen werden.
Es ergibt sich aus der Natur der Sache, dass Erbbaurechtsverträge wesentlich komplizierter als »normale« Grundstückskaufverträge sind. Während Grundstückskaufverträge (nur) der vertraglichen Fixierung und Abwicklung eines (einmaligen) Veräußerungsgeschäfts dienen, enthält ein Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechts einerseits diesen Veräußerungsvorgang, andererseits aber ähnlich einem Pachtvertragauch Regelungen über die Rechtsbeziehungen zwischen Grundstückseigentümer und Erbbaunehmer für die gesamte (meist sehr lange) Laufzeit des Erbbaurechts und weiter Bestimmungen für den Fall der Beendigung des Erbbaurechts. Der Erbbaurechtsvertrag regelt zudem die Rechtsverhältnisse zwischen dem »jeweiligen« Grundstückseigentümer und dem »jeweiligen« Erbbauberechtigten, sodass er zahlreiche Bestimmungen enthält, die der gesetzestreue Vertragsbeteiligte als Ausdruck übersteigerten Misstrauens oder übertriebener Risikovorsorge ansehen könnten, die jedoch tatsächlich dann ihre legitime Bedeutung erlangen, wenn – z.B. weit im nächsten Jahrhundert – ein besonders streitsüchtiger Gebäudeeigentümer dem Grundstückseigentümer das Leben schwer zu machen versucht oder umgekehrt.
Um den Beteiligten schon vor endgültiger Unterzeichnung des Erbbaurechtsvertrags die Beschäftigung mit den schwierigen und ungewohnten Formulierungen des Vertrags zu ermöglichen, kann auf Anforderung vorab ein Vertragsentwurf versandt werden. Auftauchende Fragen können (und sollten) dann jederzeit vor der Beurkundung mit den Mitarbeitern des Notars oder (gegebenenfalls nach Terminvereinbarung) mit dem Notar selbst besprochen und geklärt werden. Sofern ein »Unternehmer«, z.B. eine juristische Person, ein Erbbaurecht ausgibt (oder von einem Verbraucher erhält), muss die Versendung des Entwurfs zwei Wochen vor dem Beurkundungstermin erfolgen.
Wie jeder notarielle Vertrag wird auch der Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechts in voller Länge durch den Notar verlesen und erläutert. Dies entspricht der gesetzlichen Pflicht des Notars und soll einerseits dazu dienen, dass der genaue Inhalt beiden Vertragsteilen nochmals bewusst wird, andererseits dem Notar ermöglichen, erneut zu überprüfen, ob der Vertrag alle im Einzelfall erforderlichen Regelungen und Gestaltungen enthält.
2. Inhalt des Erbbaurechtsvertrages
Urkunden über die Bestellung von Erbbaurechten bestehen in der Regel aus zwei Hauptteilen. Erstens wird der Bestellungsvorgang als solcher und dessen grundbuchlicher Vollzug geregelt; zweitens enthält die Urkunde auch vertragliche Vereinbarungen über den Inhalt des Erbbaurechts, also Regelungen, die während der gesamten Laufzeit des Erbbaurechts bzw. nach dessen Beendigung zwischen den jeweiligen Beteiligten ohne Ansehung der Person (sozusagen auf die Sache selbst bezogen, daher »dinglich«) gelten.
Im Einzelnen enthalten die meisten Erbbaurechtsverträge die nachfolgenden, durch die ErbbauRG eröffneten Regelungen, die Sie auch in dieser oder einer ähnlichen Reihenfolge normalerweise in Ihrem Vertrag bzw. einem Ihnen übersandten Entwurf wiederfinden werden:
a) Eingang und Grundbuchstand
Nach dem Urkundseingang mit der genauen Bezeichnung der Beteiligten und der Beschreibung des aktuellen Grundbuchstandes folgt normalerweise die vertragliche Vereinbarung des Grundstückseigentümers mit dem Erbbauberechtigen über die Bestellung eines Erbbaurechts am Grundstück des Eigentümers. Denkbar ist auch die Bestellung eines Erbbaurechts an mehreren Grundstücken, selbst wenn diese unterschiedlichen Eigentümern gehören (sog. Gesamterbbaurecht).
Im Rahmen dieser Bestellungserklärung ist auch klarzustellen, ob sich der Ausübungsbereich des Erbbaurechts auf das ganze Grundstück oder nur einen Teil desselben erstreckt. Wirtschaftlich muss dabei das zu errichtende (oder bereits errichtete und vom Erbbaurecht erfasste) Gebäude im Verhältnis zur umgebenden, ebenfalls zugeordneten Freifläche die Hauptsache bleiben (demnach wäre ein Erbbaurecht zur Errichtung einer Garage für eine Fläche von einem Hektar unzulässig).
Der nächste – und längste – Abschnitt der Urkunde enthält die Bestimmungen über den Inhalt des Erbbaurechts im Einzelnen. Geregelt werden die gegenseitigen Rechte und Pflichten von Eigentümer und Erbbauberechtigten und auch die Folgen, die bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtungen eintreten.
b) Vereinbarungen über die Nutzung des Grundstücks
An erster Stelle folgen nun meist Vereinbarungen über die Verwendung des Erbbaugrundstücks. Hier empfiehlt es sich auch, die Art sowie die Nutzung des zu errichtenden Bauwerks zu regeln. Insbes. sollte klargestellt werden, ob in dem Bauwerk auch eine gewerbliche Nutzung zulässig ist und gegebenenfalls in welchem Umfang. Das Erbbaurecht beinhaltet zwar nach der gesetzlichen Definition das Recht, auf fremdem Grund ein Bauwerk zu haben; regelmäßig sollte aber diesem Recht auch die Verpflichtung des Erbbaunehmers korrespondieren, das Gebäude zu errichten, liegt doch in dem Gebäude die wirtschaftliche Sicherung der Zahlung des Erbbauzinses.
c) Dauer des Erbbaurechts
Eine Mindest- oder Höchstdauer eines Erbbaurechts ist im Gesetz (im Gegensatz zu einigen ausländischen Rechtsordnungen) nicht vorgeschrieben. Entsprechend den Bedürfnissen beider Vertragsteile hat sich insb. bei Erbbaurechten zur Errichtung von Eigenheimen, eine (verhältnismäßig lange) Dauer von 75 bis 100 Jahren als praktischer Regelfall herausgebildet. Die lange Dauer gewährleistet einerseits, dass sich die Errichtung des Bauwerks für den Erbbauberechtigten und dessen Familie auch »lohnt«, andererseits stellen Banken Darlehensmittel für die Errichtung des Gebäudes zu günstigen Bedingungen in der Regel nur dann zur Verfügung, wenn ihnen eine »gute«, d.h. hier langfristige, Sicherheit geleistet wird.
Auch für die Seite des Grundstückseigentümers ist eine Laufzeit von ca. 100 Jahren in der Regel tragbar, wird doch durch die lange Dauer gewährleistet, dass der Erbbauberechtigte das Bauwerk, das gegebenenfalls einmal an den Eigentümer fallen wird, dauerhaft und stabil errichtet.
d) Instandhaltungsverpflichtung, Versicherungen
Regelmäßig wird in Erbbaurechtsverträgen die Pflicht des Erbbauberechtigten zur Instandhaltung des Gebäudes aufgenommen. Diese Regelung entspricht dem wohlverstandenen Interesse beider Vertragsteile. Zwar wird die Instandhaltung aufseiten des Erbbauberechtigten ohnehin meist als Selbstverständlichkeit betrachtet. Ohne eine solche Regelung hätte der Erbbauberechtigte als Eigentümer des Bauwerks aber an sich die Berechtigung, das Gebäude nach Belieben verfallen zu lassen, sodass der Grundstückseigentümer nach Ende der Laufzeit lediglich eine Ruine erhalten würde.
Meist enthalten Erbbaurechtsverträge Bestimmungen über die Verpflichtung des Erbbauberechtigten, das Bauwerk gegen Brandschäden und sonstige Gefahren zu versichern und es im Fall der Zerstörung wiederaufzubauen. Eine vertragliche Regelung im vorstehenden Sinne ist regelmäßig sachgerecht, da ein intaktes Gebäude – auch nach längerer Laufzeit des Erbbaurechts – regelmäßig dem Interesse beider Vertragsteile entspricht.
e) Lastentragung, Erschließung
Der Erbbauberechtigte hat nach den vertraglichen Bestimmungen als wirtschaftlicher Eigentümer regelmäßig auch alle auf Grundstück und Erbbaurecht entfallenden Steuern, Abgaben und sonstigen Lasten zu tragen. Dazu gehören neben der Grundsteuer und etwaigen Gemeindegebühren auch die Erschließungs- und Anschlussgebühren. Ohne eine vertragliche Regelung hätte an sich der Grundstückseigentümer die auf das Grundstück entfallenden Erschließungskosten (ohne Anschlussgebühren) und der Erbbauberechtigte die auf das Gebäude entfallenden Erschließungskosten, wie Anschlussgebühren für Kanal und Wasser, zu tragen.
Gerade wegen der meist langen Laufzeit von Erbbaurechtsvertragen ist es jedoch üblich und sachgerecht, auch die auf das Grundstück entfallenden Erschließungskosten, die ja gerade mit der (aktuellen) Errichtung des Gebäudes zusammenhängen und nach 100 Jahren ihre Funktion weitgehend eingebüßt haben werden, dem Erbbauberechtigten aufzuerlegen.
f) Zustimmungen des Grundstückseigentümers
Im Erbbaurechtsvertrag ist häufig weiter geregelt, dass für bestimmte Verfügungen über das Erbbaurecht (insb. Veräußerung und Belastung) die Zustimmung des Grundstückseigentümers erforderlich ist. Dies liegt zum einen darin begründet, dass für den Eigentümer die Person des Erbbauberechtigten, den er sich als Vertragspartner ausgesucht hat und dem er Vertrauen entgegenbringt, von entscheidender Bedeutung ist. Weiter ist es auch im Interesse des Eigentümers zu verhindern, dass der Erbbauberechtigte das Grundstück beliebig mit Grundpfandrechten (über-) belastet, da diese Belastungen anlässlich eines sog. Heimfalls durch den Eigentümer zu übernehmen sind, selbst wenn sie die geschuldete Gebäudeentschädigung übersteigen. Dieses Zustimmungserfordernis gilt wegen des überragenden Schutzzweckes sogar für Belastungen des Erbbaurechts im Rahmen einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme durch Gläubiger des Erbbauberechtigten.
Der Eigentümer kann jedoch seine Zustimmung zu Verfügungen über das Erbbaurecht nur verweigern, wenn er dafür einen hinreichenden Grund benennen kann. Zu Belastungen des Erbbaurechts, die zur Finanzierung von werterhöhenden Baumaßnahmen eingegangen wurden, muss die Zustimmung regelmäßig erteilt werden. Verweigert der Eigentümer seine Zustimmung ohne einen solchen hinreichenden Grund, macht er sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig. Die fehlende Zustimmung wird dann durch das Gericht ersetzt.
g) Heimfall
Als Sanktion für einen Verstoß des Erbbauberechtigten gegen vertragliche Verpflichtungen (z.B. Art der Verwendung des Bauwerks, Instandhaltung, Versicherung, Nichtzahlung des Erbbauzinses, Insolvenz des Erbbauberechtigten) ist in Erbbaurechtsverträgen regelmäßig der sog. Heimfall vorgesehen. Der Eigentümer kann dann die Übertragung des Erbbaurechts (bzw. des Gebäudes) auf sich überlangen, dieses wird zum sog. Eigentümererbbaurecht. Belastungen des Erbbaurechts sind zu übernehmen, der Erbbauberechtigte ist in der vereinbarten Höhe (bei Wohngebäuden mindestens 2/3 des Gebäudewerts) zu entschädigen.
Die Bestimmung des Gebäudewerts soll in der Regel durch die Beteiligten einvernehmlich erfolgen. Da die Vorstellungen über den Gebäudewert oft recht unterschiedlich sein werden, sollte der Erbbaurechtsvertrag eine Bestimmung enthalten, wie der Gebäudewert für alle Beteiligten bindend zu ermitteln ist.
h) Vorrecht auf Erneuerung, Vorkaufsrechte
Die meisten Erbbaurechtsverträge enthalten weiter eine Bestimmung über das Vorrecht des Erbbauberechtigten auf Erneuerung des Erbbaurechts. Damit ist nicht etwa das zwingende Recht des Erbbauberechtigten verbunden, die Verlängerung nach Zeitablauf nach Wunsch verlangen zu können. Die Rechtsstellung des Erbbauberechtigten entspricht vielmehr der eines Vorkaufsberechtigten. Entscheidet sich der Eigentümer nach Ende der Laufzeit des Erbbaurechts, das Gebäude selbst zu übernehmen, ist das Vorrecht auf Erneuerung gegenstandslos. Nur wenn weiter ein Erbbaurecht am Grundstück bestehen soll, hat der (zuletzt vorhandene) Erbbauberechtigte einen Anspruch auf bevorrechtigte Berücksichtigung.
Zu unterscheiden ist dieses Vorrecht des Erbbauberechtigten auf Erneuerung des Erbbaurechts von den regelmäßig in einem Erbbaurechtsvertrag enthaltenen gegenseitigen Vorkaufsrechten bzgl. Grundstück und Erbbaurecht. Sowohl Erbbauberechtigter als auch Grundstückseigentümer können ja grundsätzlich frei über ihr jeweiliges Eigentum an Grundstück bzw. Erbbaurecht verfügen. Auch wenn der Eigentümer sich vorbehalten hat, solchen Verfügungen im Einzelfall zuzustimmen, wird er zur Abgabe dieser Zustimmungserklärung meist verpflichtet sein. Durch die Vereinbarung von Vorkaufsrechten liegt es in der Hand der Vertragsteile zu verhindern, dass an die Stelle des Vertragspartners, den man sich ausgesucht hat, eine andere Person tritt. Der Vorkaufsberechtigte hat jeweils das Recht, Grundstück bzw. Erbbaurecht zu den Bedingungen (insb. zu dem Kaufpreis), der mit dem Drittkäufer vereinbart wurde, selbst zu erwerben. Das Vorkaufsrecht gewährt allerdings kein Ankaufsrecht, d.h. keine Befugnis, unabhängig von einem Verkauf an Dritte den jeweils anderen Gegenstand (Erbbaurecht bzw. Grundstück) nach eigenem Gutdünken hinzuzuerwerben. Die spätere »Komplettierung« des Erbbaurechts um das Grundstück ist also von der Verkaufsbereitschaft des Erbbauausgebers abhängig.
i) Erbbauzins
Der Erbbauzins ist das laufende Entgelt, das der Erbbauberechtigte dem Grundstückseigentümer dafür zu bezahlen hat, dass er den Grund und Boden für lange Zeit zur Nutzung überlassen erhält. Der Erbbauzins kann als Äquivalent zu einem Kaufpreis, der durch Ratenzahlung erbracht wird, betrachtet werden, wobei der Unterschied zum Ratenkauf darin besteht, dass das Eigentum beim Kaufvertrag dem Käufer verbleibt, beim Erbbaurechtsvertrag nach Ablauf der Laufzeit des Erbbaurechts auch bzgl. des Gebäudes wieder an den Grundstückseigentümer zurückfällt.
Die Höhe des Erbbauzinses unterliegt wie der Kaufpreis über ein Grundstück der freien Vereinbarung der Vertragsteile. Insbes. setzt das Gesetz hier auch keine Grenzen nach oben oder nach unten. Oft wird die Höhe des anfänglichen Erbbauzinses nach einem Prozentsatz (z.B. 4 %) des Verkehrswerts des Grundstücks bemessen. Maßgeblich bleibt aber immer der Einzelfall bzw. der Grad der jeweiligen Nutzungsmöglichkeit für den Erbbauberechtigten und die Marktverhältnisse vor Ort. Wegen der langen Laufzeit von Erbbaurechtsverträgen ist es nicht angemessen, für die gesamte Vertragsdauer einen Festbetrag für den Erbbauzins zu vereinbaren. Das Risiko einer Geldentwertung wird daher in nahezu allen Erbbaurechtsverträgen durch die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel ausgeschlossen. Dann ändert sich der Erbbauzins z.B. in dem Verhältnis nach oben bzw. nach unten, in dem sich der Preisindex für die Gesamtlebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland verändert.
Der aus dieser Wertsicherungsvereinbarung Begünstigte – in der Regel wird dies der Grundstückseigentümer sein – muss in der Regel, um in den Genuss der Erhöhung zu kommen, dem anderen Teil die Änderung der Zahlungspflicht mitteilen. Zulässig ist es aber auch, zu vereinbaren, dass die veränderte Zahlungspflicht gleichsam »automatisch« eintritt. Die Aufforderung zur Zahlung des angepassten erhöhten Zinses hat dann nicht rechtsgestaltende Wirkung, sondern ist lediglich als Hinweis anzusehen. Seit 1994 ist es möglich, diese Dynamik der Erbbauverzinsung so auszugestalten, dass regelmäßige neuerliche notarielle Nachtragsurkunden samt jeweils neuerlicher Eintragungen im Grundbuch entbehrlich werden. Dies ist uneingeschränkt zu empfehlen.
Wegen der Bezahlung des Erbbauzinses (und auch wegen sonstiger im Vertrag übernommener Zahlungsverpflichtungen) unterwirft sich der Erbbauberechtigte in der notariellen Urkunde häufig der sofortigen Zwangsvollstreckung. Dem Grundstückseigentümer wird damit bei Nichtzahlung die Möglichkeit an die Hand gegeben, ohne vorherige gerichtliche Klage Maßnahmen der Zwangsvollstreckung einzuleiten. Diese Regelung dient der Verfahrensverkürzung und der Kostenersparnis.
3. Kosten der Beurkundung
Für die Ermittlung des Geschäftswertes der notariellen Urkunde zur Bestellung oder Aufhebung eines Erbbaurechts gilt die Sonderregelung des § 43 GNotKG. Es sind demnach gegenüberzustellen:
- 80 % des Grundstückswerts (einschließlich bereits aufstehender Gebäude, jedoch ohne die Bebauung, die für Rechnung des Erbbauberechtigten erfolgt), einerseits, und
- der nach § 52 GNotKG kapitalisierte Erbbauzins, in der Regel also der 20-fache Jahreserbbauzins gem. § 52 Abs. 2 GNotKG, zuzüglich sonstiger geldwerter Leistungen des Erbbauberechtigten (z.B. Einmalzahlungen oder Erstattung bereits angefallener Erschließungskosten in bestimmter Höhe). Wertsicherungsklauseln sind gem. § 52 Abs. 7 GNotKG nicht (mehr) zu berücksichtigen.
Der höhere Wert ist dann maßgebend. Damit abgegolten ist die Gestaltung des gesamte dinglichen Inhalt des Erbbaurechts, einschließlich schuldrechtlicher Vereinbarungen, der Übernahme der öffentlichen Lasten und Abgaben, Bauverpflichtungen, Zustimmungsvorbehalte etc., nicht jedoch eines Vorkaufsrechtes für den Grundstückseigentümer am Erbbaurecht, das getrennt (und häufig spürbar: die Hälfte aus 80 % der Summe von Grundstück und künftiger Bebauung) zu Buche schlägt.
IV. Vollzug des Vertrags
Nach Vertragsschluss obliegt der Vollzug des Vertrags dem Notar, dem zu diesem Zweck im Vertrag eine umfassende Vollmacht erteilt wird. Mit dem Vollzug ist eine Vielzahl von Tätigkeiten verbunden. So hat der Notar öffentliche Stellen, wie Finanzämter und Gemeinden, zu unterrichten, er überwacht die ordnungsgemäße Eintragung der diversen in der Urkunde bestellten Rechte im Grundbuch und holt alle zu Rechtswirksamkeit und Vollzug des Vertrags erforderlichen Bescheinigungen und Genehmigungen ein. Auch im Nachgang zum Vertragsschluss können sich alle Vertragsteile jederzeit wegen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Erbbaurechtsbestellung ergeben haben, an den Notar wenden.
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